Die Energiewende, so wichtig sie auch ist, stellt die Stadt Marl vor gravierende Herausforderungen. Die geplante Gleichstrom-Höchstspannungsleitung von der Nordseeküste nach Polsum, die von der Amprion GmbH im Rahmen des „Korridor B“ umgesetzt werden soll, droht schwerwiegende negative Folgen für die Region zu haben. Insbesondere die Auswirkungen auf Naturschutz und lokale Wirtschaft werfen dringende Fragen nach der Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit dieses Projekts auf.
Ein fatales Dilemma für Marl
Die geplanten Maßnahmen bedeuten, dass die Stadt zwischen zwei gleichermaßen destruktiven Optionen wählen muss: die Abholzung von sechs Hektar wertvollen Waldes oder den Verlust eines künftigen Gewerbegebiets mit der Aussicht auf bis zu 500 dringend benötigte Arbeitsplätze. Bürgermeister Werner Arndt beschreibt das treffend als eine Wahl „zwischen Pest und Cholera“. Dieses Dilemma zeigt, wie unzureichend die Interessen der betroffenen Kommunen in der Planung berücksichtigt werden.
Bedrohung für Natur und Klimaschutz
Besonders schwer wiegt die drohende Zerstörung des Arenbergischen Forsts. Dieser wird seit 2023 mit großem Aufwand zu einem klimaresilienten Laubmischwald umgebaut – ein Vorzeigeprojekt für Klimaschutz und nachhaltige Stadtentwicklung. Sollte die Trasse durch den Forst verlaufen, wäre dieser Fortschritt zunichtegemacht. Zusätzlich werden Baumpflanzprojekte, die in Zusammenarbeit mit Marler Schulen durchgeführt wurden, gefährdet, und die Möglichkeit für Nachpflanzungen bleibt äußerst begrenzt.
Wirtschaftliche Rückschläge und Arbeitsplatzverluste
Die Auswirkungen auf das Gewerbegebiet „Schwatter Jans“ wären ebenfalls verheerend. Dort könnten keine neuen Firmen angesiedelt werden, was den Verlust von bis zu 500 Arbeitsplätzen bedeuten würde. Auch das bestehende Industriegebiet Marl-Frentrop wäre betroffen. Dies gefährdet nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region. Die Verzögerungen bei der Erschließung des Gewerbegebiets werden zusätzlich die Attraktivität der Region für Unternehmen mindern.
Starke Interessen, schwache lokale Mitbestimmung
Die Stadt Marl hat kaum Einfluss auf die Planungen. Bürgermeister Arndt betont, dass das Planungsrecht und die Bundesnetzagentur Amprion weitreichende Entscheidungsbefugnisse einräumen. Selbst Eigentumsrechte von Landwirten bieten keinen ausreichenden Schutz. Die Alternative einer Trassenführung westlich um Dorsten, die sowohl Arbeitsplätze in Marl sichern als auch den Arenbergischen Forst schützen würde, wird offenbar kaum noch als realistisch angesehen.
Fazit: Der Preis der Energiewende
Während der Ausbau der Windenergie und der damit verbundenen Infrastruktur für die Energiewende wichtig ist, darf dies nicht auf Kosten der betroffenen Regionen erfolgen. Marl steht vor erheblichen Verlusten im Bereich Arbeitsplätze, Naturschutz und Lebensqualität. Die derzeitige Planung ignoriert lokale Belange und setzt ausschließlich auf die Durchsetzung zentralistischer Vorgaben. Es ist dringend erforderlich, die Interessen der betroffenen Kommunen ernst zu nehmen und nachhaltigere Lösungen zu finden, die sowohl den Anforderungen der Energiewende als auch den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung gerecht werden.