Die Stadt Marl steht finanziell am Abgrund. Was viele Bürgerinnen und Bürger vielleicht bislang nicht in seinem ganzen Ausmaß realisiert haben, droht in naher Zukunft zur bitteren Realität zu werden: ein drastischer Verlust der Handlungsfähigkeit der Stadt, der die Lebensqualität und die angebotenen Dienstleistungen erheblich beeinträchtigen könnte.
Eine genauere Betrachtung der finanziellen Prognosen für das Jahr 2024 offenbart ein düsteres Bild: Der Schuldenstand der Stadt Marl soll sich von 175 Millionen Euro auf erschreckende 405 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Diese Entwicklung ist nicht nur alarmierend, sondern stellt eine direkte Bedrohung für die Stabilität und Zukunftsfähigkeit Marls dar.
Der Rat der Stadt Marl hat für das Jahr 2024 einen formal ausgeglichenen Haushalt verabschiedet, was oberflächlich betrachtet als positiver Schritt erscheinen mag. Diese Entscheidung ermöglicht es der Stadt, für ein letztes Jahr dem strikten Spardiktat der Kommunalaufsicht zu entgehen. Doch dieser scheinbare Erfolg verbirgt eine bittere Wahrheit: Der Haushalt ist nur auf dem Papier ausgeglichen. Ein tatsächliches Defizit von nahezu 62 Millionen Euro klafft in den Büchern, das durch die Aufnahme neuer Kredite gedeckt werden muss. Diese Praxis ist nicht nachhaltig und zeugt von einer bedenklichen finanziellen Kurzsichtigkeit.
Die Situation in Marl ist besonders entmutigend, wenn man bedenkt, dass in den Jahren des Stärkungspakts bis 2022 erhebliche Fortschritte erzielt wurden. Dank der finanziellen Unterstützung des Landes und eifriger Sparbemühungen der Stadt konnten die Kassenkredite halbiert und das Eigenkapital nahezu verdoppelt werden. Diese Erfolge scheinen jedoch nun durch die aktuellen Entwicklungen bedroht.
Die politische Landschaft in Marl spiegelt die Komplexität und die Herausforderungen wider, mit denen sich die Stadt konfrontiert sieht. Während die Haushaltsführung 2024 von den Fraktionen der SPD, Grünen WG, Grünen Fraktion, FDP, Fokus Marl und Ratsfrau Claudia Flaisch unterstützt wurde, stieß sie bei CDU, AfD und der Bürgerfraktion Marl auf Widerstand. Wilfried Labsch von der BÜNDNIS DEUTSCHLAND – Bürgerfraktion Marl beschrieb das jüngste Manöver, einen finanziellen Fehlbetrag von 88,5 Millionen Euro in einen drei Millionen Euro Überschuss umzuwandeln, treffend als „finanzpolitische Akrobatik“. Dieser Kunstgriff mag zwar bemerkenswert sein, verdeckt aber die grundsätzlichen strukturellen Probleme, mit denen Marl konfrontiert ist.
Das Haushaltssicherungskonzept, das Marl vorlegen muss, zeichnet ein düsteres Bild für die Zukunft. Mit prognostizierten Haushaltslöchern zwischen 17 und 57 Millionen Euro in den kommenden Jahren, die sich bis 2032 auf eine zusätzliche Schuldenlast von 320 Millionen Euro summieren, steht Marl vor einer beispiellosen finanziellen Herausforderung. Ab 2025 werden alle neuen Projekte strengen Prüfungen der Kommunalaufsicht unterzogen, was die Stadt in eine noch prekäre Lage bringen könnte.
Die Bürgerinnen und Bürger Marls verdienen Transparenz und eine nachhaltige Lösung für diese finanzielle Krise. So, Wilfried Labsch (Bündnis Deutschland).
Es ist höchste Zeit für eine umfassende Strategie, die nicht nur kurzfristige Haushaltslücken schließt, sondern auch langfristige finanzielle Stabilität gewährleistet. Nur durch mutige und durchdachte Maßnahmen kann Marl diese finanzielle Zerreißprobe überwinden und eine sichere, lebenswerte Zukunft für alle Einwohner sichern.
Unsere Haushaltsrede zur 28. Ratssitzung